Wenn jemand eine Bergtour macht, dann kann er was erleben. So oder so ähnlich ging doch der Spruch, oder?
Tatsächlich komme ich wirklich von jeder einzelnen Bergtour mit tollen Erlebnissen und neuen Erfahrungen zurück. Auf meiner Bergwandertour in Südspanien konnte ich einiges über die Notwendigkeit einer ausreichenden Tourenvorbereitung sowie über meine persönlichen Stärken & Grenzen lernen. Vielleicht kannst du von meinen Erfahrungen etwas für deine nächste Tour mitnehmen? Oder mir noch einen wertvollen Tipp in den Kommentaren hinterlassen?
Jedes Jahr falle ich auf die profansten Aprilscherze rein – dieses Jahr wollte ich das geschickt umgehen. So kam es, dass ich den Weg des geringsten Wiederstandes gewählt habe. Meine Devise für den 1. April 2018 lautete also: mobiles Internet auslassen und einen ruhigen Tag am Berg genießen! Wenn ich den ganzen Tag alleine in den Bergen verbringe, dann kann mir schon kein Streich gespielt werden. Ein Streich von ganz anderer Art wurde mir zwar beim Abstieg noch gespielt, dazu aber später mehr.
die Vorbereitung
Jede einzelne Bergtour bedarf einer guten Vorbereitung. Ich betone: JEDE EINZELNE. Auch wenn die Route bereits bekannt ist, sollte man sich vorher mit den Begebenheiten für die geplante Tour gut vertraut machen. Darunter fallen unter anderem: Wetter (großräumig), Schneesituatiuon, Wegführung, Schwierigkeit, Streckenlänge, Tourdauer, Versorgungsmöglichkeit auf dem Weg, benötigtes Equipment usw.
einen Grobüberblick schaffen:
Da ich mich in dieser Region noch nicht auskenne, habe ich meine Vorbereitung erst einmal damit gestartet, mich durch diverse Blogs und google zu wühlen. Alles, was irgendwie mit diesem Berg zu tun hat könnte nicht nur interessant, sondern auch wichtig sein.
In diesem Zusammenhang schau ich mir stets den Berg und das Umfeld auch einmal genau bei google maps an. Dadurch bekomme ich einen ganz guten Gesamtüberblick, das kann zur Orientierung nützlich werden.
die Routenplanung:
Bei dieser Bergtour habe ich mich das erste Mal auf die App Wikiloc verlassen. Es gab mehrere vorgeschlagene Routen für diese Rundtour. Ich habe die angezeigten Daten anhand meines Wissens über Weg- und Zeitberechnung überprüft und mir die bestbewerteste ausgesucht.
Die App hat mir übrigens gleich gefallen. Du kannst deinen Liebsten einen Link schicken, wo du dich befindest. Damit kann man dich auch finden, wenn doch mal was passiert. Außerdem trackst du mit der App gleich deine Route und wirst sofort benachrichtigt, wenn du deinen Track verlässt und wenn du wieder auf der richtigen Route bist.
Ganz wichtig in diesem Zusammenhang noch: du solltest auf jeden Fall eine offline-Karte, wenn nicht sogar eine aus echtem Papier (oder Plastik) dabei haben. Ohne Netz stehst du sonst schnell mal doof da!
das Equipement:
Die Tour ist zwar konditionell wegen Länge und Anstieg moderat, besonderes Equipment war jedoch heuer im April nicht erforderlich. Da das dieses Jahr meine erste größere Bergtour war, habe ich meine ganz normale Bergwanderausrüstung trotzdem erst einmal zusammensuchen müssen. Glücklicherweise habe ich mich dazu entschlossen, meine festen Bergschuhen und die Wanderstöcke mitzunehmen. Für den Abstieg habe ich beides sehr gut gebrauchen können.
die Daten:
- wo? Andalusien, Südspanien, Parque Natural de las Sierras de Tejeda, Almijara y Alhama
- Starthöhe: 1078 m.ü.nN
- höchster Punkt: 2066 m.ü.nN
- Anstieg akkumuliert: 1190hm
- Länge: 18,5 km
- Dauer: 8 h
Proviant & Co
Jetzt nur noch Brot, Käse und ein paar Riegel einpacken, die Trinkflaschen füllen und eine Kanne Tee machen (auch wenn manch einer auf ein Gipfelbier schwört, für mich gibt es nichts besseres am Gipfel!), genug Powerbanks und Kabel zum Handy laden einpacken – dann kann es losgehen.
und los…
Wie immer kann ich mich erst gegen Mittag zu irgendetwas motivieren, also komme ich erst gegen 12 Uhr am Parkplatz des Naturparks an. Das macht aber nichts und ist natürlich alles einkalkuliert. Bis 21:30 Uhr ist es noch hell genug, also habe ich bei einer 8-Stunden Tour mehr als genug Puffer für ein-zwei mal den falschen Abzweig nehmen oder ein kleines Nickerchen am Gipfel.
Der Parkplatz ist abgesehen von ein paar Schlaglöchern recht gut erreichbar und scheint auch in der Saison groß genug dimensioniert zu sein. Wenn du geplant hast am Parkplatz noch etwas zu recherchieren oder deinen Standort nach hause zu senden, dann sei gewarnt: sobald du die A-402 verlässt, verlässt dich auch jeglicher Empfang. Ab der Waldgrenze hingegen ist der Empfang wieder durchgehend top, aber wer braucht das am Berg schon?
der Waldweg
Eigentlich mag ich Wälder sehr. Sie strahlen für mich Ruhe, Frieden und Stärke aus. Doch bei Bergtouren muss ich zugeben, bin ich stets ein wenig zweigespalten ob ich den Wald in dem Moment so gerne mag. Denn der erste Anstieg fällt mir immer schwer, auch wenn ich gut im Training bin. Netterweise ist das meistens nur die erste Stunde so. Danach ist man bei vielen Bergwandertouren ohnehin über der Waldgrenze und der Organismus scheint sich an den Aufstieg gewöhnt zu haben. Zumindest geht mir das jedes Mal so.
Außerdem lässt sich ein Aufstieg viel leichter bewältigen, wenn man einen grandiosen Bergblick hat. Dann geht das bei mir immer wie von alleine. Auch auf dem La Maroma lässt der erste Aussichtspunkt nicht lange auf sich warten.
Kurz unter der Baumgrenze kannst du nach 1,25 Stunden am Mirador al Valle del Temple sein und bei gutem Wetter einen Ausblick bis auf die Sierra Nevada genießen. Ab da geht es zwar weiterhin recht moderat bergauf, der Ausblick ist allerdings schon hier jede Schweißperle wert.
der steinerne Weg
Langsam wird der Weg nun steiniger. Von hier an wechseln sich Sonne und Schattenseite stetig ab. An einigen Stellen glänzt noch ein wenig der Schnee hervor. Du musst aber an keiner Stelle ein Altschneefeld oder ähnliches queren, brauchst also kein besonderes Equipment für die schattigen Passagen.
Zwischendurch kannst du dich an der stetig wechselnden Flora und Fauna erfreuen. Es gibt so unglaublich viele Blumen, Sträucher und auch Tiere in den Bergen. Ich versuche nach und nach so viel wie möglich darüber zu lernen. Heutzutage kann ich ja ganz einfach ein Bildchen knipsen und nach der Tour in die Social-Media Runde fragen, ob jemand das Blümchen kennt. Ich bin immer wieder begeistert, welch ein geballtes Wissen da schlummert!
das Plateau
In etwa 1,5 Stunden bin ich von dem Mirador al Valle del Temple aus, bis zu dem Hochplateau gekommen. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich erkannte: „gleich werde ich das Meer sehen“. Ein bombastisches Gefühl und ein bombastischer Ausblick. Auf der einen Seite das Meer mit Blick Richtung der Provinz Málaga, auf der anderen Seite freie Sicht auf die Provinz Granada mit der schneebedeckten Sierra Nevada.
der Gipfel
Eine weitere Stunde gehts „immer aufi“ – bei traumhaftem Wetter und atemberaubenden Ausblick ist das nach wie vor mit links machbar!
Je näher du dem Gipfel kommst, desto häufiger siehst du diese Steinmandl den Weg markieren. Tatsächlich habe ich mich auf diesem Stück einmal kurz verstiegen. Die aufgetürmten Steinhaufen haben mich sicher zurück auf den Weg gebracht, dafür sind sie ja auch eigentlich da.
Ein Gipfelkreuz gibt es hier (leider) nicht, dafür diese Steinfigur. Besonders mutige klettern für das perfekte Gipfelbild einmal hinauf. Ich habe mir meine Muskelkraft lieber für den Abstieg aufgespart. Es sollte sich gelohnt haben.
Tatsächlich war ich nur sehr kurz am Gipfel, da es wirklich sehr windig ist dort oben. Deswegen war es aber nicht weniger schön. Einen Gipfel zu erreichen ist immer etwas besonderes! Im ersten Moment ist dir das egal, wie warm, kalt, windig oder was auch sonst es ist.
Die App schreibt alles genau mit und funktioniert einwandfrei. Auch an Stellen ohne Netz gibt sie nicht den Geist auf. Da habe ich auch schon andere Erfahrung gemacht. Laut Logbuch sind also schon 8 von 18 km und 1044 hm zurückgelegt. Das bedeutet der Abstieg hat keine nennenswerten Höhenmeter zu bewältigen, dafür ist er etwas länger als der Anstieg. Das ist mir ganz recht, denn bergab habe ich meist mehr Probleme als bergauf. Je steiler das abwärts geht, desto schneller komme ich an meine Knie-Belastungsgrenze.
Der ursprüngliche Name des La Maroma lautete übrigens Tejeda – der Name findet sich ja noch heute in der Bezeichnung des Naturparks wieder. Als Maroma wurde dagegen ein Abgrund bezeichnet, der dem Berggipfel am nächsten ist. Beim Treff einiger Menschen an dieser Stelle kam die Verwechslung zustande und führte schließlich zur Umbenennung des Berges. [1] Gut, dass ich diesem Abgrund wohl entkommen bin.
der Abstieg
Gleich zu Beginn des Abstiegs hast du diesen grandiosen Ausblick auf das Hinterland Andalusiens:
Das war aber für mich persönlich auch das Schönste am ganzen Abstieg. Leider habe ich offensichtlich ziemlich bald nach dem Gipfel die falsche Route gewählt. Laut der App war ich stets auf dem richtigen Weg, obwohl ich das kaum glauben konnte bei solch unwegsamen Gelände.
Ich habe also hin- und herüberlegt, ob ich zurück zum Gipfel gehe und den gleichen Weg wieder zurückgehen sollte, wie ich auch gekommen war. Safety first!
Es war erst kurz nach 16 Uhr, also hatte ich die Möglichkeit noch ein Stück weiter dem Trail der App zu folgen, ohne in die Dunkelheit zu geraten, falls ich später doch noch umkehren möchte. Also entschloss ich mich noch bis 17 Uhr dem Trail zu folgen.
Ganz klar möchte ich an dieser Stelle sagen, dass eine der wichtigsten Regeln am Berg ist: komme nicht vom Weg ab. Sehe das also auf keinen Fall als positives Beispiel! Es hätte mir auch einiges passieren können durch dieses Routenwahl.
Ich bin mir sicher da war mal ein Weg, ab und an habe ich auch Markierungen gesehen. Der offizielle Wanderweg war das natürlich nicht. Rückblickend war es nicht die beste und nicht die sicherste Entscheidung diesem Trail zu folgen. Da ich aber zu jedem Zeitpunkt wusste, wo ich bin und wo ich hin möchte, genug Proviant dabei hatte, genug Akku für Navigation oder einen Notruf, das Wetter konstant bleiben sollte und ich mich fit fühlte, habe ich es gewagt und am Ende nicht bereut diesen Weg weiter verfolgt zu haben.
An einem Punkt im Wald habe ich mich dazu entschlossen meiner eigenen Navigation zu vertrauen und habe den Trail verlassen. Abgesehen von den etwa 100 kleinen Dornen, die ich mir auf dem Weg zugezogen habe, habe ich auch das nicht bereut. Ich kam mir ein wenig vor, wie der Prinz von Dornröschen, nur ohne Schwert. Das hätte den Dornen-Parcours wirklich entschärft. Nachdem ich mich durch das trockene Flussbett gekämpft hatte, war ich schnurstracks wieder auf dem Weg, den ich angepeilt hatte – geht doch. Verlass dich auf dich selbst!
Um 21 Uhr war ich endlich zurück an meinem Auto. Von dem anstrengenden Abstieg fix und fertig, aber froh so viel an Erfahrung mitgenommen zu haben. Den ungeheuerlichen Muskelkater, den ich nach dieser ersten Bergtour 2018 hatte, habe ich übrigens noch eine Woche später mit auf des Felsen von Gibraltar genommen.
meine Learnings
Am Ende kommt es nach herausfordernden Situationen doch immer darauf an, was man gelernt hat. Ich lerne auf wirklich jeder Tour etwas Neues dazu. Denn jeder Berg ist einzigartig, die Begebenheiten sind stets unterschiedlich und selbst dein Körper kann nicht immer das Gleiche leisten. Was nehme ich also dieses Mal mit?
fachlich
Ich hätte mich noch besser vorbereiten sollen. Mit einem zweiten Trail oder eine weiteren Route in petto hätte ich nach dem Gipfel vermutlich anders entschieden oder gar direkt den richtigen Weg gefunden. Eine oder mehrere Beschreibungen des genauen Weges werde ich zukünftig mit mir führen.
Wenn ich bezweifle auf dem richtigen Weg zu sein, ist es meiner Ansicht nach klüger umzukehren und auf dem bereits bekannten Hinweg zurückzugehen. Insbesondere, wenn du alleine unterwegs bist.
persönlich
Sowohl meine körperliche Fitness, als auch meine mentale Stärke bringt mich sicher dorthin, wo ich hinmöchte. Ich kann furchtlos Einiges erreichen, solange ich auf mich vertraue. Angst hemmt mich – nötiger Respekt (vor dem Berg) bewahrt mich vor Gefahren. Ich kann mich auf mich selbst voll und ganz verlassen.
Das war ein wirklich grandioses und sehr befreiendes Learning. Das wollte mir der La Maroma mit auf meinen weiteren Lebensweg geben! Danke dafür!
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